Psychotrauma – Das Erbe

Die Wirkung des Unsichtbaren

Dieser Blog Beitrag ist der Beginn einer Reihe von Artikeln, die sich mit dem Thema „Psychotrauma – Hintergründe – Therapie und Lösungswege“ beschäftigen und nach und nach die Welt der Psychotraumen, deren Verarbeitungs- und Lösungsprozesse darstellen.

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In über 30 Jahren psychotherapeutischer Praxis und Lehrtätigkeit eröffneten sich die Hintergründe des Psychotraumas, die für die Trauma-Therapie so überaus wichtig sind.

In dem vorliegenden Beitrag wird der Hintergrund beschrieben, vor dem sich die aktuellen Traumen abspielen.

 

Die Grundausstattung des Menschen

Der Mensch wird in diese Welt hineingeboren. Damit er sich darin zurechtfinden kann, bekommt er eine Grundausstattung, die seine Entwicklung bewirkt und den grundlegenden Umgang mit der Welt organisiert.

Dem Menschen wird in die Wiege gelegt:

  • Ein Programm, das die körperliche Entwicklung steuert
  • Die Erbinformationen, in denen alle Erfahrungen der Ahnen gespeichert sind
  • Der psychische Apparat, der durch die genetischen Informationen vordefiniert ist
  • Eine Seele, die mehr oder weniger verletzt ist.
  • Das Selbst, das absolut rein, heil und jenseits von Körper und Psyche ist, obwohl es beides durchdringt.

Jeder Mensch hat zwei Linien in seiner Ahnenreihe – die Mutter- und die Vaterlinie. Jede Generation innerhalb der Ahnenreihe hat durch ihre Lebenserfahrungen die bestehende Erbinformation modifiziert und an die nächste Generation weitergegeben – und dies seit undenklichen Zeiten.

Traumatische Erfahrungen und ungelöste Traumen, sind in den Genen der nachfolgenden Generationen vorhanden, so dass  Menschen auch mit historischen Traumen behaftet sein können. Historische Traumen, die nicht gelöst werden konnten, wirken durch das Leben der Nachfahren hindurch und haben die Tendenz, die Traumen der Vergangenheit im Jetzt zu reinszenieren.

Kriegstraumen sind das einprägsamste Beispiel dafür, wie sich Traumen durch die Generationen ziehen. Sie hinterlassen nicht nur die erlebten, meist höchst traumatisierenden Eindrücke, sondern auch, die Folgen, die in dem Versuch des Überlebens und der Traumabewältigung entstanden sind.
Oft gab es für die Menschen nur zwei Wege: Entweder zu zerbrechen oder in den Überlebensmodus zu wechseln. Der Überlebensmodus befindet sich im Kleinhirn und kennt keine Gefühle. Hier geht es nur um „fressen“ oder „gefressen werden“ und um „Fortpflanzung“. Durch diesen Umschwung werden die Opfer zu Tätern. Sie spüren ihre Verletzungen nicht mehr und haben daher auch keinerlei Mitgefühl mit anderen.
Die Opfer, die zu Tätern wurden, haben parallel zum Kriegsgeschehen eine breite Spur der Gewalt und unzählige neue Traumaopfer hinterlassen.

Das neugeborene Kind bekommt die Summe der Erlebnisse, Verarbeitungsmöglichkeiten, Lösungen und Ungelöstes aus beiden Linien als Startguthaben mit. Ein unbewusstes Repertoire, das in den entsprechenden Situation, unwillkürliche Reaktionen hervorbringt.

Auch der psychische Apparat, mit seinem Ich-Bewusstsein, seinen Gedanken und Gefühlen ist bereits vordefiniert, was sich hauptsächlich in den aufsteigenden Gefühlen und Körperempfindungen zeigt.

Die körperliche und die psychische Entwicklung werden durch ein komplexes genetisches Programm, das alle Entwicklungsschritte bis zum Erwachsenenalter beinhaltet, ermöglicht. Einflüsse, die während dieser Entwicklung auf Körper und Psyche einwirken, können Veränderungen hervorrufen, die ursprünglich im Programm nicht vorgesehen waren (z.B.: Die psychische Entwicklung nimmt einen atypischen Verlauf oder Veränderungen der Körperformen  – siehe Entwicklungspsychologie).

 

 Trauma-Therapie

Für die Trauma-Therapie bedeutet das, dass die Vorfahren und deren Erlebniswelt eine große Rolle in der Psychodynamik des Klienten spielen. Die Eltern und Großeltern sind die letzten sicht- und erlebbaren Personen in der jeweiligen Ahnenreihe. Das Kind hat also nicht nur die genetische Struktur der Ahnen übernommen, sondern erfährt- sofern es in der leiblichen Familie aufwächst – die systemimmanente genetische Struktur direkt im Beziehungsgeschehen mit den Eltern und Großeltern. Dabei geben die Eltern auch jene Probleme und Lösungen an ihre Kinder weiter, die in ihrem eigenen Leben entstanden sind.

Obwohl die gesamte Erbinformation weitergegeben wird, werden nur Teile davon im persönlichen Leben wirksam.

Jeder Mensch modifiziert, durch die Art wie er sein Leben lebt, die Erbinformationen – manches wird aufgelöst, anderes kommt hinzu, noch anders wird vielleicht seit mehreren Generationen erstmals wieder sichtbar.

 

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