Meditations-Tage 2014

Wege zum Selbst – der göttliche Tanz

Die  Meditations-Tage 2014 fanden von 2.-4. Mai auf der Fraueninsel im Chiemsee statt.

Klosterkirche Frauenwoerth
Kloster Frauenwörth – Fraueninsel im Chiemsee

Die Inhalte waren:

Bhagavad Gita – Kommentar von Jnaneshwar Maharaj
Bewegungsmeditation, Körper- und Atemübungen
Singen und Chanten
Verschiedene Meditationen mit Schwerpunkt Herz-Meditation
Altbekannt – neu entdeckt

Dieser Bericht gibt die Kontemplation der Bhagavad Gita wieder.

Der rote Faden, der sich durch die drei Tage zog, stammte aus Teilen des 1. und 2. Kapitels der Bhagavad Gita. Das Besondere daran war, dass wir die „Gita“, wie dieses Werk auch kurz genannt wird, unter dem Blickwinkel von Jnaneshwar Maharaj betrachteten, der sie in seinem Werk  Jnaneshwari  kommentierte. Dieser Kommentar ist, so wie die Bhagavad Gita, in Versform geschrieben.

Die Sprache eines Heiligen vermag es, die Menschen tief zu berühren. So auch dieser Kommentar, er fließt auf direktem Wege ins Herz.

Die Bhagavad Gita

Die Bhagavad Gita ist einer der bedeutendsten Texte der indischen Philosophie. Sie ist weit über den indischen Raum hinaus verbreitet und zählt zu den großen religionsphilosophischen Dichtungen der Weltliteratur.

Sie ist ein Teil des 100.000 Strophen umfassenden Mahabharata und handelt von dem großen Helden Arjuna, der durch Krishna, seinen göttlichen Lehrer und Wagenlenker, unterwiesen wird. Innerhalb von 18 Kapiteln, die unterschiedliche Ebenen des Verständnisses ansprechen, wird Arjuna durch Krishna zur Erkenntnis des Selbst geleitet.

Die Schlacht von Kurukshetra

Möglicherweise hat die Schlacht von Kurukshetra einen geschichtlichen Hintergrund. Die Bhagavad Gita wird jedoch als Allegorie betrachtet. So kann sie z.B. als Zwiesprache zwischen der individuellen Seele – dargestellt durch Arjuna – und dem inneren göttlichen Selbst – verkörpert durch Krishna – verstanden werden.

Zusammenfassung mit Zitaten aus „Jnaneshwar’s Gita“ *

Die Söhne des Fürsten Pandu wurden von den Söhnen ihres Onkels Dritarashtra, aus dem Stamm der Kurus, um ihren rechtmäßigen Anspruch auf Land und Thron betrogen. Sie waren immer wieder Verfolgungen ausgesetzt. Schließlich kam es auf dem Schlachtfeld von Kurukshetra zu der großen Schlacht zwischen den Pandavas, den rechtmäßigen Herrschern und den Kauravas, die ihnen den Thron entrissen hatten.
Die große Familie, aus dem Stamm der Bharata, war in zwei Lager gespalten, uns war im Begriff gegeneinander zu kämpfen.

Die Vorbereitungen zum Kampf wurden getroffen und die Heere in Stellung gebracht.

Dann brüllte der Kommandant der Kauravas wie ein Löwe, so dass der Klang durch alle drei Welten hallte.  Der gottähnliche Bhishma blies mit aller Kraft sein Muschelhorn. Diese beiden Klänge zusammen betäubten die drei Welten. Der Himmel war erschüttert durch Donner, der Ozean hob sich und die ganze Schöpfung zitterte. Daraufhin schmetterten Muschlhörner, Pauken, Tamburine, Trommeln und Hörner. Ein furchterregender Tumult, so als ob das Ende der Welt gekommen wäre. Manche schlugen heftig auf ihre Waffen, andere brüllten in großer Wut, so dass die Elefanten nicht zurückgehalten werden konnten. Manche starben sogar direkt dort wo sie standen und selbst die Zähne mutiger Krieger klapperten. Ein schrecklicher, ohrenbetäubender Lärm.

Auf der anderen Seite stand der strahlende Streitwagen. Vor ihn waren vier Pferden bespannt, der HERR selbst – Krishna – war sein Lenker. Arjuna saß hinter ihm.

143   Vorne sitzend mit SEINEM Schüler hinter sich, blies ER freudvoll sein Muschelhorn mit Namen Pancajanya.

144    Während der tiefe Klang widerhallte, wurden – geradeso wie alle Sterne verblassen, wenn die Sonne aufgeht –

145   alle kriegerischen Geräusche der Kuru-Armee still und es war unmöglich zu sagen, wann sie verklungen waren.

Dann blies Arjuna sein Muschelhorn, gefolgt von all den Muschelhörnern der großen Kämpfer und Könige auf Seiten der Pandavas. Durch die Vibration der Klänge wackelte das Fundament der drei Welten, die Erde war dabei ihre Oberseite nach unten zu kehren und die Sterne waren im Begriff herunterzufallen.

Gerade so, wie ein Löwe eine Herde Elefanten tötet, schlug der Klang entsetzen in die Herzen der Kauravas.

Arjuna mustert die beiden Heere

Die tapferen Bogenschützen schossen einen Strom von Pfeilen und Arjunas Herz frohlockte. Er drehte sich eilig, um auf die beiden Heere zu blicken. Als er sah, dass die Kauravas ihre Krieger erneut in Stellung brachten, hob er würdevoll seinen Bogen auf und sprach zum HERRN: „Nun platziere meinen Streitwagen zwischen den zwei Heeren, während ich auf alle diese Krieger blicke“.

Als er so, kampfbereit und aufrecht, in seinem Streitwagen stand und auf die Reihen seiner Gegner blickte, sah er… seine eigenen Familienangehörigen. Er sah alle Älteste, die Großeltern, Onkel, Freunde, Söhne und Schwäger. Er sah seine Liebsten, seine jungen Enkelsöhne und all die anderen Verwandten in beiden Heeren.

Arjunas Qual

Als er seine Angehörigen auf beiden Seiten sah, die in diesem Moment bereitstanden, um zu kämpfen, entstand Verwirrung in Arjunas Herz und er fühlte Kummer und Mitleid. Er fragte sich, ob es recht sei, gegen die eigene Familie, seine Lehrer und seine Freunde zu kämpfen und sie im Kampf zu töten.

Sein Herz schmolz in Mitleid, und seine Männlichkeit verließ ihn.

Arjuna sagte zu Krishna:

195    Alleine bei dem Gedanken bin ich verwirrt und fassungslos.

196    Schau, wie mein Körper zittert, mein Mund ist ausgedörrt und meine Glieder sind schwach.

197    Meine Haare stehen zu Berge, ich fiebere und auf Grund dieses Elends kann ich meinem Bogen nicht halten.

198    Ich kann ihn nicht festhalten. Er schlüpft aus meiner Hand ohne mein Wissen. Mein Herz wird niedergedrückt durch törichtes Benehmen.

199    Obgleich mein Herz härter als ein Diamant ist, kühn und mutig, diese Verrücktheit ist stärker.

Wie kann es sein, dass Arjuna der große, mutige Krieger, der gerade noch frohlockt hatte, der viele Feinde besiegt und dessen Taten besungen wurden, in diesen Zustand geriet? Jnaneshwar sagt dazu folgendes:

201    Gerade so, wie eine Biene das härtest Holz durchlöchern kann, aber in einer weichen Knospe gefangen sein mag;

202    dort mag sie ihr Leben verlieren, sie weiß nicht, wie sie die Blütenblätter auseinanderziehen kann.  So ist Mitleid – so weich und doch so hart.

 Krishnas Zurechtweisung und Ermahnung, unerschrocken zu sein

Arjuna war überwältigt von seinem Kummer und begann zu weinen. Sein Herz schmolz, wie Salz im Wasser. Als Krishna Arjuna in einem solchen Zustand sah, sagte er zu ihm: „Arjuna, ist dein Verhalten an diesem Ort angemessen? Was hindert dich zu handeln? Wozu dieses Leid? Verliere nicht den Mut und handle.“

Arjunas Zweifel sind nicht zerstreut.

Verzweifelt erklärte Arjuna, dass es falsch sei, dies als Krieg zu sehen, stattdessen würde ein großes Verbrechen verübt. Und er erklärte Krishna in aller Ausführlichkeit, was gegen den Krieg spräche. Er sprach davon, dass den Eltern Ehrerbietung gebühre und sagte: „Wie können wir sie mit unseren eigenen Händen erschlagen? Auch unseren Lehrern ist Achtung zu erweisen, wie könnte ich sie töten. Ich, Arjuna, bin von Drona unterrichtet worden und ich habe nur Gutes durch ihn erfahren. Kann ich es ihm vergelten indem ich ihn töte?“

Als Arjuna bemerkte, dass seine Worte Krishna nicht erfreuten, war er in Furcht. Und er sagte noch einmal: „O Herr, so höre doch meine Worte!“

Und noch einmal versuchte er Krishna klar zu machen, dass er seine Verwandten nicht töten könne.

Gleichzeitig wandte er sich aber auch um Hilfe an Krishna, indem er sagte: „ O HERR, ich weiß nicht was für mich gut ist. DU weißt alles und deshalb sage uns was richtig ist.“ Daraufhin überkam ihn eine neue Welle des Mitleids und des Kummers. Jnaneshwar sagt in seinem Kommentar, dass Arjuna als er in Mitleid verfiel, von der Verblendung mitten ins Herz getroffen worden sei.

Verblendung bedeutet, dass etwas die klare Sicht behindert und somit die Wirklichkeit nicht gesehen werden kann.
Nur, was ist wirklich?

Der Unterschied zwischen Selbst und Körper

Krishna sah Arjunas Zustand und er fragte sich, wie Arjuna am Besten von dieser Verblendung befreit werden könne. Jnaneshwar sagt dazu, dass Krishna Arjuna sehr nahe war. Krishna suchte nach einem Weg, wie er Arjuna erreichen könnte und kam zu der Entscheidung, dass er mit scheinbarer Härte vorgehen würde, ähnlich wie die Medizin, die ein  Arzt verschreibt, bitter schmecken kann und dass dieses Bittere ein Teil des Heilmittels sei.

Dann sagte Krishna:

95    O Arjuna, sage mir, ob Du glaubst, dass Dir die drei Welten ihre Existenz schulden. Ist es nicht wahr, dass das Universum ohne Anfang ist?

96    Ist es falsch zu sagen, dass es einzig ein höchstes Wesen gibt, aus dem alle Geschöpfe entspringen

97    Glaubst Du, dass Du dieses Leben erschaffen hast? Ist es wahr, dass Du alle tötest, die sterben?

98    Durch die Blindheit der Ichbezogenheit sagst du, dass diese Männer unsterblich sind, weil du sie nicht zu töten gedachtest?

99    Du hast der Verwirrung erlaubt in deinen Geist zu gelangen, wenn du glaubst, dass du derjenige bist, der diese Männer tötet und diese Männer wären diejenigen die sterben.

Bitte prüft, wie das Gesagte auf euch wirkt und was in euch dazu aufsteigen.

… nicht vergessen, dieses Gespräch findet im Streitwagen, zwischen den beiden Heeren satt, unmittelbar vor der Schlacht. Krishna kann nicht einfach die Hand heben und sagen: “ Hallo Leute, ich hab’s mir anders überlegt“. Diese Schlacht wird stattfinden, egal ob er kämpft oder nicht. Und so wies ihn Krishna auf den gegenwärtigen Augenblick hin, bevor er ihn weiter lehrte:

103   O Arjuna, höre, was ich dir sage. Hier bist Du und ich und diese Könige und alle anderen.

104   Solche Ideen, dass wir für immer bleiben oder dass wir dahinscheiden, können nicht bestehen bleiben, wenn du es genau betrachtest, ohne Verwirrung.

105   Die Idee, dass Dinge geboren werden können und vergehen, ist nur eine Illusion. In Wirklichkeit ist Materie unzerstörbar.

106   Wenn die Wasseroberfläche durch den Wind bewegt wird, erscheinen Wellen auf ihr, wer könnte jedoch sagen, was es ist, was geboren wurde oder woher?

107   Genauso, wenn der Wind aufhört zu blasen und die Wasseroberfläche wieder glatt wird – überlege das – was ist es, was gestorben ist?

109    Du erfährst die Kindheit, die im Jugendalter verschwindet. Dennoch kommt der Körper nicht in jedem Stadium um.

110    Dennoch sterben physische Körper möglicherweise. Jemand, der das weiß, ist nicht beunruhigt, wenn Kummer durch die geistige Verwirrung aufsteigt.

Die Aussage  „…in Wirklichkeit ist Materie unzerstörbar“, wird verständlich, wenn wir die Aussage zusammen mit den beiden Vergleichen  – Wasseroberfläche  und wechselnde Lebensabschnitte – kontemplieren.

„Dennoch sterben physische Körper möglicherweise…“ regt uns an, noch einmal die Vergleiche heranzuziehen und zu prüfen, worin genau, die Illusion besteht.

Dennoch ist dieser Abschnitt nicht ganz einfach zu verstehen und so wird in den folgenden Versen erläutert, was es genau ist, das am Verstehen hindert.

Die Herrschaft der Sinne

111    Eine Person scheitert daran dies zu verstehen, weil die Sinne die Herrschaft haben. Das Herz ist in ihrer Macht und deshalb ist es verwirrt.

112    Objekte erfreuen durch die Sinne und von den Sinnen steigt Freude und Kummer auf. Wegen dieser Verbindung wird der Geist in Verwirrung gestürzt.

Die Sinne sind von den Objekten stark angezogen und wenn sie sich auf ein Objekt ausrichten, d.h. es erfahren wollen, steigt unweigerlich ein Gefühl dazu auf. Die Objekte selbst vermitteln keine Gefühle, die Gefühle entstehen aus den Sinneseindrücken. Der Geist reagiert auf die Gefühle, versucht sie einzuordnen, zu erklären, die Situation zu bewerten. In Wahrheit geschieht nichts – nur die Gefühle, von den Sinnen hervorgerufen, geben der Situation eine Färbung, aus denen der Geist das „Schauspiel“ der Welt webt.

Die wahre Natur der Objekt

121    Aber was ist die wahre Natur dieser Objekte? Sie sind wie das Wasser einer Fata Morgana oder ein Elefant, der im Traum gesehen wird.

122    Sie sind flüchtig wie diese, so weise sie zurück, Arjuna. Lass dich nicht beeinträchtigen durch den Kontakt mit ihnen. 

123    Der Mensch, der nicht durch die Objekte gebunden ist, und der nicht von Freude und Schmerz betroffen ist, für ihn gibt es kein Bedürfnis nach Wiedergeburt.

124    O Arjuna! Du solltest verstehen, dass ein Mensch, der nicht in seine Macht verfällt, wirklich unsterblich ist.

Résumé:

Löse die Verwicklung der Sinne und du bist frei.
Macht ist die Idee, Dinge bestimmen zu können – nur in Wahrheit bestimmen die Dinge, dich.
Macht ist, dies nicht zu durchschauen und sich einzubilden, Herr über die Welt zu sein.
Liebe ist Aufgabe von Macht.
Hingabe ist Unterwerfung an das Göttliche im eigenen Inneren.
Das eigene Innerste ist das Selbst.
Das Selbst ist das einzig Existierende. Es schwelgt in Glückseligkeit solange die Welt besteht und ruht im Jenseitigen, wenn die Schöpfung vergeht.
Liebe ist das Einzige, was bleibt
Denn Liebe ist die Essenz von allem.
Aus Liebe formt sich alles und
in Liebe löst sich alles auf.

Das ist die ganze Wahrheit!

Meditations-Tage 2014 Padukas

 

Die Meditations-Tage 2014 – eine segensreiche Zeit der Erfahrung und der Erkenntnis. Euch allen, die Ihr dabei wart, meinen herzlichsten Dank für Eure wunderbare Gegenwart.
Der Segen dieser drei Tage möge Euch begleiten.

 

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*Quellenangabe:
Jnaneshwar’s Gita – Swami Kripananda
S.15 Vers 28, S.18 Vers 97-99, S.18 Vers 103-112, S.19 Vers 121-124

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